Warum ich mich nicht als Immigrantin fühle

In der heutigen Gesellschaft ist es ein allgemeines Phänomen, die Menschen in soziale Gruppen einzuteilen. Doch gibt es auch jene, die ihrer persönlichen Freiheit zuliebe nirgendwohin gehören wollen. Das  ist bei uns – ich meine unsere Familie – sind nicht der Fall. Wir versuchen uns anzupassen, um uns zugehörig zu fühlen. Dies ist für uns besonders wichtig, jetzt wo wir in der Schweiz leben. Wir bemühen uns sehr, uns so zu verhalten, dass wir uns in die lokale Gemeinschaft integrieren können, so dass niemand hochmütig und hinter vorgehaltener Hand über uns zu sprechen versucht ist.

So fühlte ich mich etwas beleidigt, als mir während des letzten Integrationskurses (Mu-Ki Deutsch) bei der Diskussion klar wurde, dass uns unsere Kursleiterin “Immigrantinnen” nennt.

Das hatte irgendwie meine Gefühle verletzt und ich fühlte den Drang zu widersprechen. Warum? Obwohl Immigrant und Einwanderer auf Deutsch (sprachlich) gleichbedeutend sind, empfinde ich sie etwas unterschiedlich (wahrscheinlich wegen der jüngsten Migrationskrise). Als Immigranten sehe ich vor allem diejenigen, die sich aufgrund der politischen Situation oder religiöser Verfolgung entschlossen haben oder gezwungen wurden, ihr Land zu verlassen. Oder diejenigen, die in einem fremden Land zu einem besseren Leben gekommen sind, sich aber weigern, sich zu integrieren, zu arbeiten, und nur mit ausgestreckten Händen auf Sozialleistungen warten (siehe Beispiele aus Deutschland). Aus diesem Grund fühlte ich mich ein wenig beleidigt, weil unsere Situation der oben beschriebenen Definition nicht vollständig entspricht.

Mein Mann und ich sind hierher gekommen, um zu arbeiten. Aber wir betrachten uns auch nicht als Wirtschaftsmigranten. Wir sind nicht hergekommen, weil er auf seinem Gebiet keinen Job in der Tschechischen Republik gefunden hat. Wir sind nicht einmal mit der Vision gekommen, viel Geld zu verdienen (ja, jeder weiß, dass man in der Schweiz viel verdienen kann, aber nur wenige merken, dass es ein Land mit ziemlich hohen Lebenshaltungskosten ist). Wir sind hierher gezogen, weil wir die Möglichkeit hatten. Es war die Gelegenheit zu einem weiteren Schritt in unserem gemeinsamen Leben, um weiter zu kommen.

Gott sei Dank, dass jede Sprache so reich ist, dass sie genug Synonyme hat, um diese (unangemessenen) Bezeichnungen zu erleichtern. Deshalb mag ich das deutsche Wort „einwandern“ oder „Einwanderer“. Wir sind in die Schweiz eingewandert, weil wir das Leben in einem anderen Land mit einer anderen Kultur kennen lernen und die Sprache lernen wollten. Deshalb versuchen wir unser Bestes zu geben, um von der Schweizer Gesellschaft akzeptiert zu werden.

Diese direkte Begegnung mit wie kann man uns ansieht, war mein erster. Natürlich bin ich gespannt, wie man uns hier begegnen wird und was jene Menschen von uns halten, mit welchen wir Kontakt geknüpft haben. Und natürlich habe ich mich manchmal gefragt, welchen Eindruck wir auf einheimische Leute machen (oder wie andere Leute uns sehen). Wir unterhalten vielerlei Kontakte und (aus unserer Sicht) gute Beziehungen. Aber ob ich das angesichts der angeborenen Schweizer Höflichkeit jemals herausfinden werde?

Und nun frage ich euch Leserinnen und Leser: Wie würdet ihr heute einen Immigranten definieren? Verkörpert für euch ein Immigrant generell auch einen Menschen aus westeuropäischen Ländern? Würdet ihr einen Briten oder Schweden, den Manager einer internationalen Firma mit Sitz in der Schweiz, als Immigrant bezeichnen? Oder ist es nur ein Wort für diejenigen, die aus den östlichen Ländern ausgewandert sind?

PS: Meine Gefühle in dieser Situation zeigen deutlich, wie die Medien in den letzten Jahren die Bedeutung des Wortes Migration verschieben konnten. Natürlich, als die Kursleiterin mir erklärte, dass für sie das Wort „Immigrant“ nicht so besonders „Schmack“ hat (wie in meiner Sprache), ging es mir wieder gut 🙂

 

 

 

 

Kategorien: Schweiz
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Autorin

Hana Hurábová

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