Ich lese immer gerne „Success Stories“. Das heisst, die Geschichten derer, denen es gelungen ist, in einem Bereich Erfolg zu haben, wo es auf den ersten Blick fast unmöglich schien. Dies ist die Geschichte von Pavlína Kämpfer, die von einer tschechischen Lehrerin am Gymnasium zu einer angesehenen Dirigentin der traditionellen örtlichen Trachtengruppe in der Schweiz wurde. Sie können ihre Geschichte im heutigen Interview lesen.
Warum habt ihr euch entscheiden in die Schweiz umzuziehen?
Für mich war es immer verführerisch ein anderes Land und eine andere Sprache kennenzulernen. Mein Mann ist Schweizer und fand in seiner Heimat ein interessantes Engagement. Zur Entscheidung beigetragen hat, dass unserer Kinder noch nicht im Schulpflichtigen Alter waren.
Wie sah Dein berufliches Leben in Tschechien aus?
Ich unterrichtete Musik und tschechische Sprache am Gymnasium und an der Sekundarschule. Fünf Jahre leitete ich einen Kinderchor. Schon seit meiner Kindheit habe ich in einem Chor gesungen. Singen ist ein sehr wichtiger Bestandteil meines Lebens.
Hattest Du schon eine Vorstellung über Deine berufliche Laufbahn, nachdem ihr in die Schweiz umgezogen seid?
Musik wollte ich weiterhin unterrichten. Das ist mein Beruf. Es war schon immer mein Wunsch Kindern das Klavierspielen beizubringen, einen Chor zu leiten oder wieder in einer Schule zu unterrichten.
Ich würde voraussetzen, dass Du nach dem Umzug in die Schweiz keine Sprachbarriere hattest, weil Dein Mann Schweizer war?
Im Gegenteil, zu Hause sprachen wir tschechisch und zu Schwyzerdütsch kam ich aktiv erst hier, nachdem ich Kurse im Hochdeutsch absolvierte und Hochdeutsch beherrschte. Schwyzerdütsch lernte ich vor allem dank dem tagtäglichen Kontakt mit den Leuten, ohne sie hätte ich es nie schaffen können. Erst nach zwei Jahren war ich sprachlich in der Lage, dass ich versuchen konnte, eine Beschäftigung zu suchen.
Wie kamst Du zu Deinen heutigen Job?
Das alles war ein Zusammenspiel der Umstände. Bekannte stellten mir die Frage, warum ich nicht unterrichte, wenn ich Lehrerin bin. Sie brachten mich zum Gedanken, dass ich Klavierspielen unterrichten könnte. Ihre Kinder waren meine ersten Schüler.
Wie sieht Dein Unterricht aus ?
Die Klavierstunden finden bei uns zu Hause statt. Ich sehe einen Vorteil darin, weil die Kinder sich in der häuslichen Umgebung entspannter fühlen. Der Unterricht kann auch individuell nachgeholt werden.
Wenn Du zu Hause Unterrichtest bringt das auch gewisse Ansprüche für Deine Familie. Was machen Deine Kinder, wenn ein Unterricht stattfindet?
Sie sind es gewohnt sich während den Unterrichtsstunden eigenen Aktivitäten zu widmen, so dass sie den Unterricht nicht stören.
Wie viel Kinder unterrichtest Du momentan?
Im Moment sind es 6 Kinder, aber ich könnte bis zu 10 unterrichten.
Man kann nicht darüber hinwegsehen, dass Du auch Dirigentin der örtlichen Trachtengruppe geworden bist. Wie kamst Du zu diesem Engagement?
Alle im unserem Wohnhaus wissen, dass Musik und Gesang für mich viel bedeutet. Durch eine unserer Nachbarinnen bekam ich Kontakt zu der örtlichen Trachtengruppe, die damals eine neue Dirigentin suchte.
Es ist sehr unüblich, dass jemand, der nicht einheimisch ist, einen traditionellen Schweizer Verein leitet. Wie lange dauerte das Auswahlverfahren?
Dass war eine ziemlich lange Prozedur. Aus der Sicht einer Tschechin und mit gewissen Missverständnissen der Schweizerischen Kultur gegenüber würde man das schon nach den ersten Telefonaten aufgeben. Nach einigen Begegnungen, Proben und Gesprächen, war zu entschieden zwischen einer unbekannte Tschechin und einer älteren erfahrenen Dirigentin aus der Schweiz. Der Entschied wurde an einer Hauptversammlung des Vereines gefällt. Trotzt dem schweizerischen Konservatismus, gaben sie einer neuen Unbekannten die Chance. Ich hatte natürlich auch ein bisschen Glück.
Bleiben wir kurz bei den Schweizer Vereinen. Haben die eine grosse Tradition?
Die Schweiz ist ein Land der Vereine. Die zeitgenössischen Mitglieder werden aber leider langsam alt und es gibt wenig junge Leute, für die ein Engagement in den Vereinen attraktiv wäre. Manche finden es zu langweilig, für manche ist es eine weitere Pflichtbelastung.
Deswegen bemüht sich unsere Trachtengruppe die Familien mit den Kindern zu locken. Seit dem Frühling leite ich eine Kindertanzgruppe. Damit versuchen wir die Traditionen auch der jüngsten Generation zu vermitteln und erweitern das Repertoire auch mit modernen Liedern.
Das ist auch für die älteren Mitglieder attraktiver und lustiger.
Die Reaktion vom Publikum ist fabelhaft. Ein Beweis für uns, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden. Wir freuen uns schon auf das nächste Konzert!
Ist es ein Unterschied ein Kinderchor oder ein Erwachsenenchor zu leiten?
Eigentlich nicht, ich habe bei beiden Gruppen das gleiche Herangehen.
Das sind aber eine Menge Aktivitäten. Wie bewältigst Du das alles?
Vor allem finde ich starke Unterstützung in der Familie, sonst wäre das überhaupt nicht möglich. Die Proben finden am Abend statt, wann mein Mann die Kinder betreuen kann. Ab und zu hilft auch die Grossmutter und der Grossvater, denen ich dafür sehr dankbar bin.
Was erwartet euch in der nächsten Zeit?
Januar ist für uns ein wichtiger Monat. Das Ergebnis unserer ganzjährigen Arbeit können sie sich beim Heimatabend 2019 im Saalbau Kirchberg an drei Terminen anhören:
16.1.2019 20:00 Uhr
19.1.2019 20:00 Uhr
20.1.2019 13:30 Uhr
Wir freuen uns sehr auf Ihren Besuch und hoffen, dass sie den Heimatabend mit uns geniessen werden!
Pavlina Kämpfer
Hat vor etwas mehr als 30 Jahren in der nordböhmischen Stadt Děčín das Licht der Welt erblickt. Sie ist stolze Mutter von zwei Kindern und Musikerin mit Leib und Seele.
Ihr ganzes Leben widmet Sie sich aktiv der Musik, vor allem dem Solo-und Chorgesang.
An der pädagogischen Fakultät der Universität J.A. Purkyně promovierte sie in den Fächern Musik, Literatur, Psychologie und Pädagogik.
In der Schweiz unterrichtet sie Klavierspielen und dirigiert den Chor der Trachtengruppe Kirchberg und Umgebung. https://www.trachtengruppe-kirchberg.ch/